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Edo Maajka besuchte die Grazer Postgarage. Ich traf ihn vor seinem Soundcheck zu einem Gespräch über seine Texte, sein Leben in Tel Aviv und seine Zukunft.
Deine Musik wird sowohl von Jugendlichen als auch deren Eltern gehört. Du bist in Bosnien-Herzegowina genauso populär wie in Kroatien – wodurch erklärst du dir deinen „grenzüberschreitenden“ Erfolg?
Ich muss gestehen der Erfolg war gar nicht meine primäre Absicht. Als mein erstes Album erschien dachte ich, mich würde ohnehin keiner hören wollen. Meine Texte waren negativ behaftet, der Fokus lag am Krieg und der ganzen Scheiße die damals geschah. Aber das Album war ein voller Erfolg. Ich bin verdammt dankbar dafür und denke, es liegt daran, dass die Menschen, ob Jung oder Alt, ob aus Serbien, Kroatien oder Mazedonien sich einfach mit den Texten identifizieren konnten.
Der Erfolg war nicht deine Hauptabsicht? Was dann?
Das Schreiben der Texte war und ist meine Reinigung. Ich hätte geschrieben und gerappt auch ohne nebenbei ein Album zu produzieren. Es war meine Selbsthilfe in beschissenen Situationen, die Verarbeitung meiner Erfahrungen.
Deine Texte sind noch immer sehr politisch und gesellschaftskritisch…
Ja, weil sich einfach nichts ändert. Die Inhalte meines ersten Albums kannst du eins zu eins auf Bosnien-Herzegowina im Jahr 2014 umlegen. Problematisch ist heute jedoch, dass die Jugend immer weniger Interesse am politischen Geschehen im eigenen Land hat. Und ich muss gestehen, auch mir geht es immer mehr am Arsch vorbei, weil trotz aller Aufstände alles beim Gleichen bleibt.
Also wird sich nach den Wahlen nun auch nichts ändern?
Nein. Ganz im Gegenteil. Eine ähnliche politische Ausgangssituation hatten wir in den 90ern. Wer weiß, vielleicht bin ich ja zu pessimistisch, aber ich halte nichts von dem scheiß nationalistischen Gedankengut das quer durch Bosnien-Herzegowina schleicht und es ist bestimmt keine Lösung.
Verstehst du den Drang der Jugend, ihre Heimat verlassen zu wollen?
An sich ja. Aber man kann nicht verallgemeinern. Ich denke, jeder hat seine persönlichen Gründe zu bleiben oder Bosnien-Herzegowina zu verlassen. Das Schlimmste für mich ist jedoch, dass nun jene Leute das Land verlassen, welche die intellektuelle Kultur im Land erhalten haben. Ich persönlich würde das Land, so wie es heute funktioniert, verlassen.
Vor dem Jugoslawienkrieg bist du geflohen jetzt lebst du wieder in einem Land, das von Konflikten geprägt ist. Siehst du Parallelen zwischen Bosnien-Herzegowina und Israel?
Nein, gar keine. Die Situation ist eine vollkommen andere, du kannst die innerpolitischen Konflikte nicht miteinander vergleichen. Man muss aber auch bedenken – ich lebe mitten in Tel Aviv, nicht am Gaza Streifen oder anderen Krisengebieten. Und bei einem kann man sich sicher sein – wenn du als israelischer Einwohner Hilfe brauchst, dann steht der Staat Israel hinter dir. Das kann man von den Balkanstaaten nicht behaupten.
Tel Aviv war in den vergangenen Wochen doch auch unter Bombenbeschuss. Fühlst du dich nicht in den Balkankrieg zurückversetzt?
Scheiße, klar doch! Jeder Mensch der einmal Granaten überlebt hat macht sich vor Angst in die Hose, wenn er wieder Sirenen hört. Ich musste mehrmals täglich mit meiner Frau und Tochter in den Bunker flüchten. Natürlich hab ich mich angeschissen. Aber die gesamte Situation in Israel, abgesehen von Bomben und Granaten, ist allgemein eine Andere.
Kannst du dir vorstellen eines Tages an den Balkan zurückzuziehen?
Ich stelle es mir nicht nur vor, ich weiß, dass ich in naher Zukunft zurückkehren werde. Es steht fest, dass meine Familie und ich nach Zagreb zurückziehen werden. Ich bin nie mit dem Gedanken nach Israel gezogen um hier mein Leben zu verbringen. Meine Frau und ich warten eigentlich nur mehr, bis unsere Tochter volljährig wird.
Du wurdest aufgrund deiner Eheschließung mit einer Jüdin stark beschimpft. Hat sich dies nun beruhigt oder stößt du noch immer auf antisemitische und hassgeprägte Aussagen?
Mittlerweile hat sich das Ganze beruhigt, ja. Doch der ganze Scheiß wird wieder losgehen, wenn Israel wieder stärker in den Medien vertreten ist. Dann werden sie mich wieder hassen. Die meisten Beleidigungen kamen ja aus Bosnien-Herzegowina und damit hatte ich verdammt noch mal nicht gerechnet. Ich hatte keine Ahnung, dass es seitens der Bosniaken so einen ausgeprägten Judenhass gibt. Die Reaktionen auf meine Ehe zeigten mir wieder den Faschismus im Land auf. Es war eine Schande für ganz Bosnien-Herzegowina.
Zum Schluss mal was Positiveres: Wie sieht‘s mit aktuellen Projekten und deiner musikalischen Zukunft aus?
Ich arbeite gerade an einem neuen Album. Und verdammt, seid gespannt, ich mache gerade auch Musik für Kinder und hoffe, die ist bald reif für die Öffentlichkeit. Meine Zukunft wird immer musikalisch bleiben, ob direkt oder indirekt. Ich werde immer älter und immer wieder die gleichen Texte und das gleiche Publikum – das wird mir zu langweilig. Ich suche neue Herausforderungen, aber diese werden bis ich sterbe im Musikbereich liegen.