Clueso gab ein Konzert im Grazer Orpheum. Ich habe ihn davor getroffen und mit ihm über seine Laufbahn und seinen Opa getratscht.
Zur Einstimmung auf das heutige Konzert wollte ich gestern eine Spotify Playlist erstellen, habe dich jedoch nicht gefunden. Wieso?
Spotify geht mit den Künstlern gar nicht cool um. Die provozieren Minusgeschäfte und kassieren hinter dem Rücken der Künstler ab. Das ist einfach kein faires Verhalten. Klar, Streaming ist die Zukunft und die CD wird keine Renaissance erleben, aber so wies grade läuft, soll‘s nicht gemacht werden. Jahrhundertelang haben Musiker darum gekämpft nicht mehr die Leibeigenen von Fürsten zu sein und dank Streaming Diensten sind wir es in gewisser Weise erst wieder.
Wie war das so in deiner Jugend – waren deine Eltern davon begeistert, dass du Musiker und nicht wie geplant Frisör werden wolltest?
Es war hart für meine Eltern. Wenn ich mich heute in ihre Situation versetze, könnte ich durchdrehen. Sie hatten es nicht einfach mit mir, ich bin aus der Schule und danach auch aus einer Lehrstelle geflogen. Die Lehre hab ich letztendlich gar nicht fertig gemacht, weil ich die Theorie nicht gelernt hatte. Ich habe damals einfach alles ausgeblendet und wollte nur Musik machen. Ich musste meinen Eltern gar nicht mitteilen, dass ich jetzt Musik machen will. Das hat man klar gesehen.
Du wohnst zurzeit in einer Jungs-WG. Kann man sich euren Alltag richtig klischeehaft mit Sex, Drugs und Rock ‘n Roll vorstellen?
Kann man, wenn man will. Wir sind eine WG von sieben Künstlern, aber es sind alle Macher. Bei uns bestimmen Phasen den Alltag. Wir haben richtig geschäftige Zeiten in denen jeder in seinem Zimmer sitzt und Gas gibt. In diesen Zeiten motivieren wir uns auch gegenseitig. Dann gibt’s wieder ne Sommerpause in der wir nen Pool im Hof aufstellen und Partys für die halbe Stadt schmeißen, da sind die Nächte lang. Wir chillen auch oft und ziehen uns mal ne Woche lang nur Serien rein oder zocken an der Play Station. So viele Leute, so viel Ego und doch kein Streit. Wir sind einfach gleich geschalten und sind motiviert was zu tun, deshalb funktioniert alles so gut. Bloß Putzplan haben wir keinen, aber dafür ne echt gute Reinigungshilfe. Ich mag‘s da echt sehr.
Hand aufs Herz, deinen richtigen Durchbruch hattest du eigentlich erst als deine Songs kommerzieller wurden. Kehrst du dem Rappen und dem Hip Hop nun den Rücken zu?
Wenn ich morgens aufstehe denke ich zuerst ans Singen. Somit mache ich gerade das Richtige. Rappen ist auch geil, aber um ein Rap Album zu produzieren müsste mich jemand motivieren und mitreißen. Ich rappe gerne, aber die Halbwertszeit ist einfach nicht so lang. Beim Rappen kannst du einfach die Wörter laufen lassen und zwischendurch kommt mal ne qualitative Line. Beim Singen muss jede Zeile stimmen. Dadurch hast du ne größere Challenge. Zurzeit ist der Sänger in mir stärker als der MC. Aber wenn du so fragst, wär schon cool jemanden zu finden der richtig gute Beats macht und dann ein Rap Album aufzunehmen. Ich bräuchte aber wirklich jemanden der mich mitreißt.
In letzter Zeit erwähnst du immer wieder deinen Opa. Welche Rolle spielt er in deinem Leben?
Er macht Musik, so ein bisschen wie Johnny Cash, lustig und doch mit viel Deepness und bodenständig. Meine Musik hingegen ist wie Melancholie mit Sonnenschein am Ende. Trotzdem haben wir gemeinsam ein Album aufgenommen. Da hatten wir voll Bock drauf und es wurde wirklich gut. Deshalb ist er grade aktuell. Doch die Beziehung zu meinem Opa war schon immer herausragend. Er hat mir nicht nur das Gitarre spielen beigebracht, er ist auch wie mein bester Freund. 84 Jahre alt und doch ein cooler Dude mit dem man auch Chillen kann. Ich glaube, er sieht sich selber ein wenig in mir. Und ich möchte auch mal so sein wie er.
Im deinem neuen Song „Stadtrandlichter“ singst du vom Nachhause kommen. Was bedeuten Heimat und Nachhause kommen für dich?
Ich wohne ja noch immer in meiner Heimatstadt. Ich hatte viele Wahlheimaten, auch dort ging‘s mir gut. Aber mein Zuhause ist in Erfurt. Dort bleib ich einfach immer kleben. Ich sag jetzt zwar nicht, ich bleib für immer hier, aber es fühlt sich so gut an, in die Heimatstadt zurückzukehren. Du siehst die Lichter, rollst noch ein paar Meter mit dem Auto weiter und landest dann einfach in deinem eigenen Bett. Ist n gutes Gefühl das nachhause kommen. Aber es ist auch eine Ambivalenz das mit dem Heim- und Fernweh.
Na wie wird das denn dann in 10 Jahren sein? Lebst du dann noch in Erfurt oder haust du alles um und eröffnest doch noch irgendwo einen Frisörladen?
Na das wohl eher nicht. Ich hab scheinbar ne Farbschwäche, hab schon zu viele Leute als Frisör verunstaltet. Aber im Grunde genommen kann ich mir alles vorstellen. Ich bin ja nicht nur Musiker, ich bin in erster Linie ein Mensch mit viel Fantasie. In der Musik hab ich mich eben am wohlsten gefühlt. Jetzt ist das mein Leben. Vielleicht bleibt das so, vielleicht auch nicht. Ich brauche einfach etwas wo sich meine Fantasie entfalten kann. Und das kann eigentlich überall sein.