Es wirbelt der Lend

Ein Spaziergang durch den Lend Anfang Mai, war alles andere als langweilig. An Straßenecken, auf Plätzen, in Innenhöfen und Lokalen gab es Aktionen, Ideen, Tanz, Diskussionen, Musik, Kunst und vieles mehr. Was genau am Lendwirbel passiert, weiß man nie. Aber man sich sicher sein: es tut sich was da am rechten Murufer!

Das Viertel zwischen Lendplatz und Griesplatz ist ein Ort spannender Auseinandersetzungen und fruchtbarer Konfrontationen geworden. Und deshalb begann die Geschichte des Lendwirbel. Das Eröffnungsfest der „Haarschneiderei“ bot Anlass für den ersten Lendwirbel (damals noch in spe) – KünstlerInnen performten an jenem Abend im Jahr 2007 in der Mariahilferstraße. Ein Jahr später wurde der Wirbel in seiner heutigen Form gegründet. Zu Beginn steckten ein paar BewohnerInnen des Bezirks Lend hinter der Planung, aber das Lendwirbel-Netzwerk ist gewachsen, mittlerweile eine Art sozialer Bewegung geworden. Acht Jahre später stecken ein Kernteam und zahlreiche HelferInnen hinter der Organisation. Die tausenden BesucherInnen werden dank dem Fest dazu angeregt, sich mit den Themen Nachbarschaft und Zusammenleben, öffentlicher Raum, Stadtentwicklung, Kunst und Experiment auseinanderzusetzen.

lendwirbel-mariahilferplatz

Das spezielle Flair und die einzigartige Atmosphäre, die den Lendwirbel ausmachen, gingen im Jahr 2008 somit von einer Frage aus: Können öffentliche Plätze, Gassen und Gehsteige an einem Wochenende als freies Wohnzimmer fungieren? Die Antwort ist: Ja.

Das ist unser Dorf!

Wenn sich ein Stadtteil tatsächlich zum öffentlichen Raum entwickelt, dann ist da Leben auf offener Straße. Da sind Feuerspucker und Kräuterwanderungen. Da sind Diskussionen und fliegende Klassenzimmer. Da sind ein Flohmarkt, Trommelwirbel und ein Workshop mit „The Yes Men“. Kurzfilme werden auf Fassaden projiziert, Katzenvideosessions geplant, ein Wohnzimmer am Mariahilferplatz gebaut. Manche Orte sind nicht auffindbar, manche Aktionen dafür unübersehbar. Fünf Musikspots waren heuer aufgebaut, Straßenmusiker animierten zum Schlendern, DJs machten die Nacht zum Tag. „Live!! Gratis!! Kurz!!!!“, wurde ein Konzert am Griesplatz beworben und als „der Nino aus Wien“ am Schlagergarten Gloria sang, war sowieso alles gut.

Im Jahr 2011 wurden rund 30.000 Menschen als BesucherInnen gezählt. 2015 erlebt der Lendwirbel seine bis dato größte Ausgabe. Die Flaniermeile erstreckt sich erstmals vom Lendhaus in der Grünen Gasse über den Mariahilferplatz bis hin zum Griesplatz. Und als mir Franz Lammer, einer der Organisatoren, am Donnerstagabend mit einer Eule in der Hand und einem Strahlen im Gesicht im Kunsthaus entgegenkam gab‘s die Feststellung: „Schau dir des an. Is des net geil? Nächstes Jahr, da brauch ma keine Werbung mehr“.

Was bleibt

Neben all der Party, darf man eines nicht vergessen: da geht’s auch um was. Ob bei einem Think Denk, Impulsstatements über Verdrängung oder einem Annentalk zur Gentrifizierung. Das Viertel wird hipper, schöner, sauberer. An dieser Aufwertung ist der Lendwirbel nicht ganz unschuldig. Doch er ist reflektiert, nimmt sich selber in die Mangel und rief als diesjähriges Motto eine Frage aus: „Was bleibt im (Lend)effekt?“

Was wirklich bleibt, ist eine geile Erinnerung. Ein Lebensgefühl, das man öfter haben sollte. Und eine weitere Frage: Was wäre der Grazer Frühling bloß ohne den Lendwirbel?

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