Ein nicht ganz systemkonformer Travelguide – zusammengefasst von Michi, ergänzt von Anna.
- Am Dach von Tehran singen
Der 3.975 Meter hohe Totschāl ist der Tehraner Haus-, Schi-, Partyberg… TehranerIn nennt ihn stolz das „Dach von Teheran“. Mit der Metro nach Tajrish, den modernen Norden der Stadt, geht es mit Taxi zum Bus und mit Bus zum Zweiersessellift. Wir nutzen unsere nächtliche Fahrt mit dem ersten von sieben Liften -Kopftücher nach hinten schieben und singen. Zwar beides für Frauen im Iran verboten, aber angeblich hat der Totschāl schon ganz andere Dinge gesehen…
- Armenischen Wodka trinken
Armenischstämmige ChristInnen dürfen im Iran Schnaps brennen, diesen aber nicht an MuslimInnen verkaufen. Offiziell zumindest nicht. Wir hatten das Glück ein, zwei Gläschen davon zu kosten. Er zergeht auf der Zunge!
- Couchsurfing ohne Couch
Fremde dürfen im Iran privat nicht aufgenommen werden, was zur Folge hat, dass Couchsurfen eigentlich verboten ist. Ein Hotelmanager mit dem wir das Verbot erörtern, schmunzelt nur und meint „But everyone does it!“. Und das brachte, wie auch Stefan Orths „Couchsurfen im Iran“ wunderbar beschreibt, schon den Einen oder die Andere in Schwierigkeiten. Die Risikobereitschaft steigt im Laufe der Reise und auch wir wollen Couchsurferinnen werden. Über die Plattform klappt es nicht so gut wie erhofft, jedoch finden wir in Shiraz auch so eine Privatunterkunft. Ohne zu wissen was uns erwartet, genießen wir letztendlich eine gemütliche Nacht auf dem Teppich im Wohnzimmer einer iranischen Familie.
- Sich in der Wüste die Kleider vom Leib reißen
Ähnlich wie auf dem Meer oder dem Berg sieht Allah (oder das System) auch in der Wüste nichts. Da wird das Kopftuch gelüftet, die Stimmen erheben sich. Dort ist „Freedom“ – „Freiheit“ nennen IranerInnen jene Plätze, an denen man sich nicht systemkonform benehmen muss. So hat bei der Dünenwanderung der Wind durch unser Haar geweht und bei einem Abendessen im Sand haben wir persische Lieder geträllert. Die iranischen Wüsten sind aber natürlich auch einfach aufgrund ihrer Schönheit einen Abstecher wert.
- Auf die Dächer von Yazd klettern
Nein, die Dächer von Yazd sind nicht die Hausberge der Wüstenstadt. Yazd ist eine prachtvolle Lehmstadt mit niedrigen Häusern, wunderschönen türkis-goldenen Kuppeln und einem Labyrinth an engen Gassen. Bei vielen Häusern führen steile Stiegen auf das Dach, über welches man – abenteuerlich wie Aladin – auf die Dächer weiterer Häuser klettern kann. Eine der ältesten Städte der Welt von oben zu betrachten ist ein Gänsehautmoment den sich niemand entgehen lassen sollte.
- Am Perserteppich ohne Messer essen
Modernere IranerInnen meinten, die Tradition am Boden zu essen, pflege man nur mehr selten. Unser Eindruck war ein ganz anderer – im Iran ist es durchaus noch üblich das Sofreh (ein Plastiktuch) zum Essen am Boden auszubreiten und sich kreisförmig darum einzufinden. Zweimal hatten wir das Vergnügen, mit den Herausforderung des Am-Boden-Essens konfrontiert zu sein. Denn die richtige Sitzposition zu finden ist genauso gefinkelt wie mit dem vorhandenen Werkzeug zu essen. Denn auch wenn Fleisch im Iran selten im Ganzen serviert wird, sind Messer eine Rarität und mit Gabel und Löffel wird das Schneiden zum Hindernis.
- In einem „Traditional Hotel“ Wasserpfeife rauchen
Die traditionellen Hotels im Iran sind wie aus einem persischen Märchen entsprungen. Rund um ein Wasserbecken im Innenhof sind die Zimmer angeordnet. Jedes hat vor dem Eingang sein eigenes Divan, eine Liegebank, mit einem Teppich darauf. Hier wird gegessen, Tee getrunken und Shisha geraucht. Die Ruheoasen unserer Reise.
- Snacks im VIP-Bus naschen
Zugegebenermaßen haben wir uns den Luxus gegönnt und sind meist mit den geräumigen und klimatisierten VIP-Bussen gefahren. Wer würde das auch nicht, bei €14 Euro statt €10 Euro auf 1.000 Kilometer?! Da man auf solch langen Fahrten ja verhungern könnte und die IranerInnen Weltmeister der Gastfreundschaft sind, werden bei Start Snackboxen mit Saft, Keksen, Waffeln, Knabberzeugs,… verteilt. Wer trotzdem nicht satt wird, kann dem Nachbarn das lebende Huhn klauen oder vielleicht doch bei den zahlreichen Essens- und Gebetspausen ein bereits gebratenes Chicken Kabab genießen.
- Socializing beim Mittagsgebet
Im Gegensatz zu manch anderen muslimischen Ländern darf man im Iran auch ohne islamischer Glaubenszugehörigkeit alle Moscheen betreten. Für Interessierte empfiehlt es sich einem Gebet beizuwohnen. Anders als in den meisten christlichen Kirchen ist die Moschee nicht nur ein Platz des Gebetes, sondern auch ein Ort, an dem man zusammenkommt, tratscht und auch mal ein Mittagsschläfchen hält.
- Hafis, den göttlichen Dichter besuchen
Man munkelt, dass in jedem iranischen Haushalt zumindest zwei Bücher stehen: Der Koran und der Gedichtband von Hafis. Falls man es bis nach Shiraz schafft (sämtliche IranerInnen wollten uns vor der Hitze schützen und in den Norden schicken) gehört es sich die Grabstätte des gefeierten Nationaldichters zu besuchen. Hafis besang in seinen Gedichten vor allem den Wein und die Liebe. Nach Auslegung der islamischen Republik meint Hafis mit „Wein“ in seinen Gedichten eigentlich „Gott“ und die „Liebe“ ist ausschließlich jene zu Gott.
Da packt einen gleich die Abenteuerlust!