Quasi am Ufer des Ganges – von den Hindus liebevoll mother ganga genannt – liegt unsere Unterkunft. Spaziert man vom Assi Ghat bis zum Ashram begegnen einem Hunde, Ziegen, Schweine, Kühe und Katzen die sich zwischen den Motorrädern und Autos durchwuseln. Varanasi, oder auch: Benares und Kashi, ist voll von Tieren und Toten. Die Stadt ist ein Mahashmashana, ein großer Verbrennungsort.
In der heiligsten Stadt der Hindus finden täglich rund 300 Verbrennungen statt. Sie ist ein Ort, an welchem Shiva die Bitten der Gläubigen hört. Der Kreislauf des Lebens beginnt oder endet für die Hindus hier. Am Ganges gibt es über 80 Ghats, Orte mit Zugängen zum Wasser die jeweils für die unterschiedlichsten Tätigkeiten genutzt werden. Es gibt Ghats an denen die Sünden im heiligen Fluss reingewaschen werden, Ghats an denen Verbrennungen stattfinden, jene an denen Wäsche gewaschen wird und auch manche die so verschmutzt sind, dass sich keiner reintraut.
An den burning ghats werden die Verstorbenen je nach Kaste an den Treppen verbrannt. Lepra Kranke, Schwangere, Kinder unter 12 Jahren, Menschen die von Schlangen gebissen wurden und Sadhus werden nicht eingeäschert. Sie sind frei von Sünde und ihre Körper werden direkt, meist mit Steinen beschwert und in Tücher gehüllt, in den Fluss gelassen. Weibliche Angehörige dürfen den Verbrennungen übrigens nicht beiwohnen, sie sind zu emotional, wird uns erklärt, da sie sich immer wieder auf die brennenden Körper gestürzt hatten. Wir beobachten einige Verbrennungen, die Tränen steigen mir immer wieder in die Augen. Weniger wegen dem Rauch als aufgrund einer wahnsinnigen Ergriffenheit.
Ein Freund unseres Hosts begleitet uns seit unserer Ankunft im Sri Yoga Mandir Ashram. Wir sind uns noch immer nicht sicher ob er nett ist und uns deshalb so viel erzählt oder nicht doch ein Tourst Guide der am Ende tausende Rupees verlangt, weil er uns ja die Ghats gezeigt hat. Als er uns dann zu einem Freund von einem Freund bringt, der in einem Silk Shop arbeitet, ist es klar – wir werden richtig schön über den Tisch gezogen 😉
Über unsere drei Tage hier gibt es einfach zu viel zu berichten. Wahnsinnig viele Eindrücke, viel Spirituelles das einen umgibt. Wir betrachten den Sonnenauf- und Untergang vom Boot aus, auf den friedlichen Wellen des Ganges, wohnen Zeremonien für Mother Ganga und Lord Shiva bei und besuchen das Aum Cafe, dessen Besitzerin Mara und mir schon bei unserem letzten Varanasi Trip sehr imponiert hat.
Shivani ist Amerikanerin, die seit 20 Jahren in Indien lebt und seit 14 Jahren das vegane Aum Café betreibt (Eggless Omlette zum Frühstück. Ich vermisse Schinken ;)). Sie kennt sich aus, was Energien, Mantren und Piercings anbelangt. Um die weiblichen Energiebahnen im Körper zu öffnen, wird das traditionell indische Nasenpiercing immer an der linken, der weiblichen, Seite gestochen. Mara und ich haben unseres hier schon bekommen nun ist Nessi an der Reihe. Shivani erzählt uns von ihrem Nandi. Ihrer Kuh, in Indien ja heilig, da Kühe Inkarnationen von Lord Shiva sind, zu dem sie eine spezielle Bindung hatte und welches vor kurzem verstarb. Sie ärgert sich über die indische Arbeitsmoral und wie die Menschen hier die Tiere behandeln. Und als sie meint, dass das mit Indien so ein Love-Hate Thing ist, müssen wir schmunzeln.
Übrigens, es gibt angeblich einen Gangesdelfin. Wir lachen als wir davon hören, Wikipedia meint es gibt ihn tatsächlich. Und wir haben das coolste Restaurantklo der Stadt gefunden. Dafür muss man nur durch einen Kuhstall und fremde Wohnungen durchgehen. Wortwörtlich. Und eigentlich wollte ich meine Sünden im Ganges reinwaschen. Trotz der Toten und des Mülls im Wasser, aber ich habe eine kleine Wunde am Fuß. Der Host meint das Wasser wird mich heilen. Ich denke an Mara, die sich aufgrund einer Miniwunde vor zwei Jahren dank dem Ganges Wasser eine richtig schlimme Infektion geholt hat und verzichte auf das Bad. Die heilende Wirkung ist wohl den Hindus vorbehalten.
Wir genießen das Thali an den Dhabas am Straßenrand, trinken Bhang Lassi und sehen mit unserem Henna und den Ringen in der Nase immer mehr indisch aus. Außerdem hab ich mich getraut in einem Barber Shop den Undercut nachzuschneiden. Der Frisör war besoffen, aber der Schnitt kostete mich nur 40 Cent.
Meine Schwester schrieb mir gestern, das Leben meine es gut mit uns. Sie hat ja so recht.
Ein Gedanke zu “Spirituelles Varanasi – von Tieren und Toten”